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Weckruf an die Politik: Jetzt han­deln, sonst ist Kli­ma­ziel 2030 im Ener­gie­sektor gefährdet

04.05.2018 All­ge­mein

Kap­ferer (BDEW): „Politik wird Kli­ma­ziel 2030 nicht errei­chen, wenn sie nicht end­lich die Bedin­gungen für Kraft-Wärme-Kopp­lung, Ener­gie­spei­cher, neue Gas­kraft­werke und den Netz­ausbau verbessert.“

Der Bun­des­ver­band der Energie- und Was­ser­wirt­schaft (BDEW) hat zum Auf­takt der Han­nover Messe seine neue Ana­lyse zum Kraft­werks­park in Deutsch­land ver­öf­fent­licht. Die Liste ent­hält alle in Bau befind­li­chen Kraft­werke sowie die geneh­migten und geplanten Pro­jekte mit einer Leis­tung von mehr als 20 Mega­watt aus dem kon­ven­tio­nellen und erneu­er­baren Bereich.

Die Aus­wer­tung zeigt, dass sich der­zeit zahl­reiche Kraft­werks­pro­jekte auf­grund der schlechten Inves­ti­ti­ons­be­din­gungen im War­te­stand befinden. Gleich­zeitig setzt sich der Trend zum Abbau gesi­cherter Erzeu­gungs­ka­pa­zi­täten unver­min­dert fort, wie die Aus­wer­tung der in naher Zukunft abseh­baren Still­le­gungen zeigt: Immer mehr Gas- und Koh­le­kraft­werke, die — abge­sehen von geringen Aus­fall­zeiten — jeder­zeit und wet­ter­un­ab­hängig Strom erzeugen können, gehen vom Netz. Der Grund: Diese Anlagen müssen alters­be­dingt still­ge­legt werden oder ihr Betrieb ist unwirt­schaft­lich geworden. Ent­spre­chend sinkt die zur Ver­fü­gung ste­hende gesi­cherte Kapazität.

Der­zeit gibt es in Deutsch­land 52 Pro­jekte zum Neubau von Kraft­werken. Davon sind jedoch ledig­lich 14 tat­säch­lich im Bau. Unter den wei­teren geplanten Anlagen sind aber auch 22 Gas- und sechs Pump­spei­cher­kraft­werke. Auf­grund der aktu­ellen Markt­si­tua­tion rechnen sich diese Kraft­werks­typen jedoch nicht, ihre Rea­li­sie­rung ist daher sehr fraglich.

„Die heute noch bestehenden Über­ka­pa­zi­täten werden in wenigen Jahren nicht nur voll­ständig abge­baut sein. Viel­mehr laufen wir sehenden Auges spä­tes­tens im Jahr 2023 in eine Unter­de­ckung bei der gesi­cherten Leis­tung“, erläu­terte Stefan Kap­ferer, Vor­sit­zender der BDEW-Haup­t­­ge­­schäfts­­­füh­rung. „Dem bis 2023 zu erwar­tenden Zubau an Kraft­werks­ka­pa­zität in Höhe von etwa 4.400 Mega­watt (MW) stehen bereits abseh­bare und schon erfolgte Still­le­gungen mit einer Kapa­zität von rund 18.600 MW gegen­über — ein sattes Minus.“ Damit sinkt bis 2023 die kon­ven­tio­nelle Kraft­werks­ka­pa­zität von heute knapp 90.000 MW auf 75.300 MW.

Die Bun­des­netz­agentur geht in ihren Pro­gnosen davon aus, dass die höchste Strom­nach­frage in Deutsch­land (Jah­res­höchst­last) zu Beginn der 2020er Jahre bei etwa 81.800 MW liegen wird. Dieser Wert wird nur noch dadurch erreicht, dass wei­tere bereits zur Still­le­gung ange­zeigte Kraft­werke nicht vom Netz genommen werden dürfen, da sie als sys­tem­re­le­vant für die Ver­sor­gungs­si­cher­heit ein­ge­stuft werden (ca. 6.800 MW). Es ist davon aus­zu­gehen, dass wei­tere Kraft­werke wegen man­gelnder Ren­ta­bi­lität zur Still­le­gung ange­zeigt werden. Das kon­krete Poten­zial tech­no­lo­gi­scher Ent­wick­lungen wie neuen Spei­cher­tech­no­lo­gien oder Demand Side Manage­ment ist zudem nicht sicher vorhersehbar.

„Diese Ent­wick­lung ist mit Blick auf die Kli­ma­ziele 2030 besorg­nis­er­re­gend: Wei­tere Koh­le­kraft­werke können in den 2020er Jahren nur vom Netz genommen werden, wenn CO2-arme Ersatz­ka­pa­zi­täten geschaffen werden. Und das heißt kon­kret: Die Inves­ti­ti­ons­be­din­gungen bei­spiels­weise für die umwelt­scho­nende und effi­zi­ente Kraft-Wärme-Kop­p­­lung (KWK) müssen ver­bes­sert werden. Diese hoch­sinn­volle gleich­zei­tige Erzeu­gung von Strom und Wärme braucht neuen Schub: Erfor­der­lich ist eine Ver­län­ge­rung des KWK-Gesetzes bis 2030 und über die aktu­elle Decke­lung hinaus.“ Auch die Rah­men­be­din­gungen für Ener­gie­spei­cher müssten ver­bes­sert werden. Dazu gehöre ins­be­son­dere, die unsin­nige Dop­pel­be­las­tung für Spei­cher bei den Netz­ent­gelten zu beenden. Hinzu komme: „Neue Gas­kraft­werke bauen sich nicht über Nacht. Alle in den letzten Jahren fer­tig­ge­stellten Kraft­werke hatten Bau- und Pla­nungs­zeiten von vier bis sieben Jahren. 2023 beginnt also heute.“

Schaffe die Politik jetzt nicht zügig die Vor­aus­set­zungen zur Sicher­stel­lung von gesi­cherter Leis­tung oder mehr Fle­xi­bi­li­täten, sei das Kli­ma­ziel 2030 gefährdet: „Dann wird die Politik 2027 genauso kurz­atmig ver­su­chen, eine Lücke zu schließen. Daher unser drin­gender Appell an die Bun­des­re­gie­rung: Pla­nungs­si­cher­heit für Inves­toren und ein Markt­de­sign für gesi­cherte Leis­tung schaffen. Zudem muss der Netz­ausbau drin­gend beschleu­nigt werden.“

Wer dagegen ver­stärkt auf den Import von Strom aus unseren Nach­bar­län­dern setze, müsse wissen: „Auch im EU-Aus­­­land wird gesi­cherte Leis­tung in Form von kon­ven­tio­nellen Kraft­werken abge­baut. Und: Die Zeiten, in denen sehr viel Strom nach­ge­fragt wird, sind in Mit­tel­eu­ropa nahezu deckungs­gleich: Ist die Strom­nach­frage in Deutsch­land hoch, ist dies in der Regel auch in den angren­zenden Staaten der Fall. Wir können uns in sol­chen Phasen nicht darauf ver­lassen, aus diesen Län­dern Strom in nen­nens­wertem Umfang impor­tieren zu können“, so Kapferer.

Quelle: BDEW